Mit Beschluss vom 2. Januar 2024 hat das OLG Brandenburg (Az.: 7 W 66/23) klargestellt, dass die Erben eines verstorbenen Gesellschafters grundsätzlich auch dann zur Gesellschafterversammlung geladen werden müssen, wenn die Satzung im Falle des Todes eines Gesellschafters das Ruhen der Gesellschafterrechte vorsieht. Können die Erben nicht ermittelt werden, ist zu diesem Zweck eine Nachlasspflegschaft anzuregen und der Nachlasspfleger als Vertreter der Erben zu laden.
Der Entscheidung des OLG Brandenburg lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der einzige Mitgesellschafter einer GmbH, der auch zugleich alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft war, ist verstorben. Der Gesellschaftsvertrag der GmbH sah beim Tod eines Gesellschafters vor, dass nur die Mitgesellschafter nachfolgeberechtigt seien und dass ein Geschäftsanteil im Falle des Übergangs auf einen nicht nachfolgeberechtigten Erben auf Verlangen der Gesellschaft auf einen Mitgesellschafter zu übertragen und diese Übertragung der Gesellschaft anzuzeigen sei. Zudem sollen die Gesellschafterrechte mit Ausnahme des Gewinnbezugsrechts bis zur Übertragung und Anzeige bei der Gesellschaft ruhen.
Die Erben des verstorbenen Mitgesellschafters waren unbekannt. Der verbliebene Alleingesellschafter hielt unter Verzicht auf alle gesetzlichen und/oder satzungsrechtlich vorgeschriebenen Formen und Fristen der Einberufung, Ankündigung und Durchführung einer Gesellschafterversammlung, eine Gesellschafterversammlung ab und bestellte sich zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Gesellschaft.
Den Vollzug der Anmeldung des neu bestellten Geschäftsführers bezüglich seiner Eintragung als Geschäftsführers sowie die Einstellung der geänderten Gesellschafterliste lehnte das zuständige Registergericht ab. Das Registergericht führte aus, dass aufgrund der unbekannten Erben eine Nachlasspflegschaft anzuregen und der Nachlasspfleger zur Gesellschafterversammlung zu laden sei.
Das OLG Brandenburg teilte die Rechtsauffassung des Registergerichts, wonach die Bestellung eines neuen Geschäftsführers nicht ohne Ladung eines Vertreters der (wenn auch unbekannten) Erben erfolgen kann. Das Gericht stellte klar, dass zwar Beschränkungen des Teilnahmerechts eines Gesellschafters durch die Anordnung von gemeinsamer Vertretung mehrerer an einem Geschäftsanteil Berechtigter zulässig seien, dagegen seien die sich aus der Mitgliedschaft ergebende Teilnahmerecht eines Gesellschafters unverzichtbar.
Nach Auffassung des OLG Brandenburg sei den Regelungen im Gesellschaftsvertrag nicht zu entnehmen, dass die Rechtsnachfolge durch die Erben ausgeschlossen sein soll, sondern lediglich, dass die Gesellschafterstellung nur bei Verlangen der Gesellschaft auf einen Mitgesellschafter zu übertragen sei. Auf Grundlage des Gesellschaftsvertrages sei zudem unklar, welche rechtlichen Folgen es hat, wenn die Gesellschaft dieses Verlangen nicht ausübt. Denkbar wäre aus Sicht des OLG Brandenburg eine Fortführung der Gesellschaft mit den Erben oder der Übergang der Gesellschaft in die Liquidation.
Würde man die Regelungen im Gesellschaftsvertrag daher so auslegen, dass die Einberufung und Beschlussfassung ohne Kenntnis der Erben oder eines vor deren Ermittlung berufenen Nachlasspflegers erfolgen könne, wäre es möglich Beschlüsse zu fassen, die den Interessen der durch den Erbfall berufenen Gesellschaftern zuwiderliefen.
Die Entscheidung des OLG Brandenburg zeigt die Relevanz von Nachfolgeregelungen in Gesellschaftsverträgen. Bei der Errichtung des Gesellschaftsvertrages sollte darauf geachtet werden, dass dieser für den Fall des Versterbens eines Gesellschafters eindeutige und vor allem abschließende Nachfolgeregelungen enthält, welche den Interessen des Gesellschafterkreises angemessen Rechnung tragen und auch die konkrete Familiensituation des jeweiligen Gesellschafters im Blick haben.