Grundstückserwerb durch einen Minderjährigen

Mit Beschluss vom 18. April 2024 (Az.: V ZB 51/23) bestätigt durch Beschluss vom 20. Juni 2024 (Az.: V ZB 1/24) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch die Übertragung von Miteigentumsanteilen an bebautem Grundbesitz für den Minderjährigen ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft darstellt. Die Eltern, als gesetzliche Vertreter der Minderjährigen, können damit ihre Kinder auch beim Erwerb eines Miteigentumsanteils an Grundbesitz ohne Zustimmung eines Ergänzungspflegers vertreten. 

Der Entscheidung des BGH lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Großvater übertrug mit notariellem Vertrag an seine drei Enkelinnen, zwei davon minderjährig, ein bebautes Grundstück zu Miteigentum. Die Minderjährigen Enkeltöchter wurden bei Abschluss des Vertrages von ihrer Mutter vertreten. Das mit dem Vollzug der Urkunde befasste Grundbuchamt lehnte die Eintragung des Eigentumswechsels ab. Zur Begründung führte das Grundbuchamt an, die Mutter sei von der Vertretung ihrer minderjährigen Töchter ausgeschlossen, da es sich hier nicht um ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Rechtsgeschäft handle. Das angerufene Berufungsgericht (OLG München) hat sich der Auffassung des Grundbuchamtes angeschlossen. Die Übertragung von Miteigentumsanteilen an die minderjährigen Enkelinnen sei nicht lediglich rechtlich vorteilhaft i.S.d. § 107 BGB. Vielmehr sei ein solches Rechtsgeschäft ebenso als rechtlich nachteilhaft zu qualifizieren wie der Erwerb einer Eigentumswohnung. Ähnlich wie bei Wohnungseigentum gem. § 16 Abs. 2 WEG hätte auch der Bruchteilseigentümer gem. § 748 BGB die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstandes, sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und der gemeinsamen Nutzung anteilig zu tragen. Eine wertmäßige Beschränkung besteht nicht. Gerade wenn das Grundstück bebaut ist, sind die Kosten für Erhaltung, Verwaltung und gemeinsame Benutzung nicht bloß theoretischer Natur, sodass Vergleichbarkeit mit dem Erwerb von Wohnungseigentum bestehe. Deshalb sei die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, also nach dem Vortrag der Beteiligten die Einwilligung der Mutter der Minderjährigen erforderlich. Die Mutter sei jedoch, da es sich bei dem Veräußerer um ihren Vater handele, von der Vertretung ausgeschlossen. Die Eigentumsumschreibung müsse daher von einem Ergänzungspfleger genehmigt werden. Es bedürfe folglich der Genehmigung der Auflassung durch einen Ergänzungspfleger.

Der BGH vermag der Auffassung des Grundbuchamtes und dem Beschwerdegericht nicht zu folgen. Er stellt klar, dass zwischen der Übertragung des Alleineigentums an einem Grundstück und der Übertragung eines Miteigentumsanteils bei der Prüfung des § 107 BGB nicht zu differenzieren sei. Auch der Erwerb eines Miteigentumsanteils sei lediglich rechtlich vorteilhaft. Es gelte nichts anderes als bei der Übertragung von Alleineigentum. Der Erwerber müsse aus seinem Vermögen, welches er vor Abschluss des Vertrags besaß, nichts aufgeben und auch keine neuen Belastungen auf sich nehmen.

Die Entstehung einer Bruchteilsgemeinschaft, verbunden mit der Verpflichtung gegenüber den anderen Teilhabern, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstands sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen, rechtfertige es nicht, die Übereignung eines Miteigentumsanteils an einen Minderjährigen anders als die Übertragung von Alleineigentum als rechtlich nachteilig anzusehen. Bei der Prüfung, ob der Eigentumserwerb für den Minderjährigen (auch) rechtlich nachteilig ist, ist grundsätzlich auf den Eigentumserwerb als solchen abzustellen. Mittelbare Folgen müssen demgegenüber bei der Beurteilung außer Betracht bleiben. Eine Inanspruchnahme des Minderjährigen trete nicht unmittelbar mit Eigentumserwerb ein, sondern setze die Vornahme einer entsprechenden Maßnahme durch den Miteigentümer voraus. Ansprüche aus § 748 i.V.m. § 745 BGB sind von einem Beschluss der Miteigentümer abhängig, wobei nach § 745 Abs. 3 Satz 1 BGB eine wesentliche Veränderung des Gegenstands (hier: des Grundstücks) nicht beschlossen werden kann. Der Schutz des Minderjährigen erfordert es vor diesem Hintergrund nicht, bereits den Erwerb des Miteigentumsanteils als solchen als rechtlich nachteilig i.S.v. § 107 BGB zu qualifizieren. Auch bei dem Erwerb des Alleineigentums sind solche Nachteile außer Betracht zu lassen, die eine persönliche Haftung des Minderjährigen nur unter weiteren Voraussetzungen zu begründen vermögen, wie dies beispielsweise bei Ansprüchen der Fall ist, die auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gestützt werden.

Anders stellt sich die Sachlage zutreffend bei dem Erwerb einer Eigentumswohnung durch einen Minderjährigen dar. Ein solcher Erwerb ist im Hinblick auf mögliche Gefährdungen des Vermögens des Minderjährigen mit dem Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück oder des Alleineigentums nicht vergleichbar.

Die Entscheidungen des BGH schaffen weitere Klarheit bei der Überlassung von Immobilien unter Beteiligung von Minderjährigen. Durch die ausdrückliche Bejahung des Vorliegens eines lediglich rechtlichen vorteilhaften Rechtsgeschäftes bei dem Erwerb eines Miteigentumsanteils an Grundbesitz durch einen Minderjährigen, bieten sich weitere Möglichkeiten im Rahmen der Übertragung von Vermögensgegenständen auf die nächsten Generationen, gerade im Hinblick auf die Nutzung von Steuerfreibeträgen nach dem Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz. 

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